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Mittwoch, 16.04.2025

Artikel in der PNP und Mittelbayerischen Zeitung zur Neuerscheinung "Oachkatzlkiller"

Artikel in der PNP und Mittelbayerischen zur Neuerscheinung Oachkazlkiller

Den ganzer Artikel findest Du unter "Presse & Medien".

Freitag, 23.05.2025,
19:30 Uhr

Autorenlesung "Oachkatzlkiller"

Bücherei Thyrnau

Anmeldung erforderlich, bitte kurze Nachricht an servus@marionwagner.de senden, vielen Dank.

Freitag, 09.08.2025,
17:00 Uhr

Autorenlesung "Oachkatzlkiller"

Alpakahof Schröger, Waldkirchen

Anmeldung erforderlich, bitte kurze Nachricht an servus@marionwagner.de senden, vielen Dank.

Freitag, 06.11.2025,
19:00 Uhr

Autorenlesung "Oachkatzlkiller"

Stadtbücherei Grafenau

Anmeldung erforderlich, bitte kurze Nachricht an servus@marionwagner.de senden, vielen Dank.

Über Mich

Marion

Als ich in der zweiten Klasse war, sagte meine Lehrerin zu meiner Mutter: "Das Kind wird mal ein Buch schreiben." Es hat fast vierzig Jahre gedauert, aber sie hat Recht behalten.

In den besagten vier Jahrzehnten begleitete mich die Freude am Schreiben. Es war schön zu sehen, dass meine Texte Freunde und Bekannte zum Lachen bringen konnten. Ich entdeckte den Spaß am Formulieren und Fabulieren … Erlebtes und Ausgedachtes, Ersonnenes und Ersponnenes in Worte zu kleiden. Und ich hörte in den vier Jahrzehnten diesen Satz immer wieder: "Du solltest mal ein Buch schreiben.

Als ich mich an den Computer setzte, staunte ich, wie mühelos die Worte auf den Bildschirm purzelten. Eine Geschichte, die ich nicht geplant, und Figuren, die ich bis dahin nicht gekannt hatte, entstanden und begleiteten mich. Ideen "blubberten" in mir und wurden niedergeschrieben. Das Blubbern brachte bislang drei Romane hervor. Die beiden ersten sind im Jahr 2023 erschienen, das dritte wird ab 17.04. 2025 im Handel erhältlich sein.

Ich würde mich freuen, wenn meine Leser*innen die Geschichten als kurzweilig und unterhaltsam empfinden und sich vielleicht in der einen oder anderen Stelle wiedererkennen - sei es im schwächelnden Bindegewebe oder nostalgischen Jugenderinnerungen.

Meine Bücher

Nestschubser

Neu!!! - Oachkatzlkiller

Doro wurde gerade von ihrem Ehemann verlassen, und Gabi hadert mit dem Auszug ihrer Tochter. Beide wollen im Wellnesshotel »Oachkatzlhof« ihre Probleme für ein paar Tage vergessen. Doch dann erschüttert ein Mord die Idylle, und Gabi ist die Einzige, die mit Sicherheit weiß, dass der Hauptverdächtige unschuldig ist. Heimlich machen sich die Freundinnen auf die Suche nach dem wahren Täter und entdecken hinter der heimeligen Fassade des Hotels so manches sündige Geheimnis ...

* * *

Wackeldackel

Charlottes Leben ist in Schieflage geraten: ihr Gynäkologe droht mit dem Klimakterium, ihr sonst so langweiliger Ehemann Theodor ist auf der Suche nach spiritueller Erleuchtung nach Bora-Bora ausgewandert und zu allem Überfluss wird sie auch noch arbeitslos. Leider beeindrucken die in den neunziger Jahren erworbenen Diplome in Stenografie und "Internet für Einsteiger" heutzutage niemanden mehr, und Songtexte von Modern Talking werden vom Arbeitsamt nicht als Fremdsprachenkenntnisse anerkannt. Auch Charlottes Gefühlsleben gerät aufgrund der dunklen Tiramisu-Augen ihres attraktiven neuen Nachbarn in Aufruhr.
Jobsuche und Liebesleben gestalten sich turbulent, bis ein Aushilfsjob im Dackelmuseum und die Kittelschürze ihrer verstorbenen Tante Uschi eine unerwartete Wendung bringen.

Wackeldackel

* * *

Nestschubser

Nestschubser

Evelyn, Ende 40 und notorisch bindungsunwillig, hat ein großes Problem: Der über alles geliebte Hund Fou-fou ihrer Freundin Olivia wurde aus ihrer Obhut entführt. Während Olivia, eine erfolgreiche Schlagersängerin, gemeinsam mit ihrem neuen Grufti-Freund Gregor in einer einsamen Waldhütte ihre "dunkle Seite" erforscht, macht sich Evelyn auf die Jagd nach dem Kidnapper. Unterstützt von ihrem Jugendfreund und Polizist Ludwig stürzt sie sich dabei in eine ganze Reihe von skurrilen und haarsträubenden Situationen.

Presse & Medien

Artikel in der PNP und Mittelbayerischen Zeitung zur Neuerscheinung Oachkazlkiller

Artikel in der PNP und Mittelbayerischen Zeitung zur Neuerscheinung "Oachkatzlkiller" vom 16.04.2025

Impressionen

Bilder von den Lesungen, u.a.

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Leseprobe "Oachkatzlkiller", viel Spass!

S. 7 - 10

"Der Poolnudel-Rudi ist ein Sadist!"

Unter theatralischem Stöhnen hievt Gabi sich auf den Barhocker neben mir. Aufgrund ihres untersetzten Körperbaus gelingt es ihr auch unter normalen Umständen nur selten, einen Barhocker mit Grazie zu erklimmen. Ihre Stunde mit dem Poolnudel-Rudi hat ihr offenbar auch noch den letzten Rest an Würde geraubt. Sie erinnert mich an ein Känguru-Baby, das versucht, in den mütterlichen Beutel zu klettern, wie sie erst die Sitzfläche umklammert, einen Fuß an der Querstrebe zwischen den Stuhlbeinen abstützt, sich gleichzeitig an der Thekenplatte hochzieht und ihren Hintern schließlich auf dem Hocker einparkt. Ermattet lässt sie ihren in ein schimmerndes Paillettenoberteil verpackten Busen auf den Tresen sinken.

"Einen Bärwurz, bitte. Und einen Aperol Spritz. Viel Aperol, wenig Spritz!", stöhnt sie in Richtung des Barkeepers Jonathan. "Der Bärwurz ist gegen die Schmerzen", erklärt sie mir, als sie meine hochgezogenen Augenbrauen sieht. "Das ist eine Heilpflanze, wusstest du das? Geheimtipp vom Rudi."

Jonathan ist schätzungsweise Mitte zwanzig, groß, dunkelhaarig und ein astreines Schnittchen. Wäre ich dreißig Jahre jünger, könnte ich wohl nicht umhin, mich einzureihen in die Schar der jungen Mädchen, die am anderen Ende der Theke ihre zierlichen Hinterteile mit gekonntem Hüftschwung auf den Barhockern platziert haben und nun entweder überdreht gackern oder scheinbar gelangweilt goldene Locken um ihre Finger wickeln, während sie den gut gebauten Burschen mit dem Cocktail-Shaker mit Blicken förmlich ausziehen.

Jonathan schenkt Gabi ein verständnisvolles Tom-Cruise-Lächeln. "Kommt sofort!", verkündet er und holt die Flasche mit dem grellorange schimmernden Inhalt aus dem Barschrank. Ich meine, entzücktes Seufzen aus der Mädelsecke zu hören.

"Na, war es denn so schlimm?" Ich tätschele die Hand meiner Freundin, die entkräftet auf ihrem Stühlchen hockt. "Sollen wir es uns heute vielleicht lieber drüben auf den Sofas gemütlich machen?" Ich nicke mit dem Kopf ans andere Ende der Bar, wo einige gemütlich aussehende Lounge-Sofas in einer Kaminecke gruppiert sind.

"Danke, Doro, aber jetzt sitze ich ja ganz gut", winkt Gabi ab und lächelt Jonathan an, der ein bauchiges Glas mit Strohhalm und ein Stamperl mit dunkler Flüssigkeit vor ihren immer noch glitzernd auf der Tischplatte drapierten Busen stellt. Nachdem sie den Schnaps mit einem gekonnten Knick aus dem Handgelenk in einem Zug gekippt hat, saugt sie gierig an dem Strohhalm. "Boah, das hab ich jetzt gebraucht. Ich merke schon ganz deutlich, wie die Muskeln sich entspannen."

Ich nehme auch einen Schluck von meinem Caipirinha. "Es ist ja nicht so, dass man dich nicht gewarnt hätte", grinse ich. "Der Poolnudel-Rudi ist berüchtigt, das wusstest du vorher."

"Jaja", nuschelt Gabi in ihren Strohhalm. Der Pegel in ihrem Glas ist in kurzer Zeit erstaunlich tief gesunken.

Rudi Zirngibl, so sein bürgerlicher Name, hat sich in jungen Jahren einmal für die Teilnahme am Ironman auf Hawaii qualifiziert. Das geht aus mehreren gerahmten Zeitungsartikeln hervor, die im Umkleidebereich des Hallenbades zu bestaunen sind. Zudem wird der Rudi nicht müde, den Hotelgästen drastisch und wortreich von seinen Kämpfen, von Schweiß und Tränen, der schier unbezwingbaren Erschöpfung und schließlich dem triumphalen Überqueren des Zielpunktes auf einem passablen Rang 57 zu erzählen. Der Rudi hat einen blank rasierten Schädel, Oberschenkel aus Beton und Bauchmuskeln, wie man sie sonst nur aus der Herrenunterwäsche-Werbung kennt. Vermutlich ist der ansprechende Anblick, den der Rudi in seinen körpernahen Badeshorts am Beckenrand bietet, einer der Gründe für die Beliebtheit, der sich die von ihm angebotenen Aquafitness-Kurse hier im Hotel erfreuen. Sie sind immer ausgebucht, obwohl er keinen Hehl daraus macht, dass bei ihm nicht gemütlich gepaddelt oder ein bisschen mit Poolnudeln geschäkert wird. Sein Aquagym-Extreme-Power-Pack heißt nicht umsonst so. Hier wird im Wasser gejoggt und gehüpft, bis das Bademützchen qualmt, und wenn man bei den Muskelkräftigungsübungen nach der achtzigsten Wiederholung das Gefühl hat, die blöde Poolnudel wiege mindestens eine Tonne, dann wird der Rudi erst richtig warm. So ein Ironman a. D. hat einfach eine andere Schmerzgrenze als eine Meute Weiber, die normalerweise niemals auf die Idee kämen, Hampelmänner im Swimmingpool zu machen – oder irgendeinen anderen Sport, ob im Wasser oder an Land. Aber für die Möglichkeit, fünfundvierzig Minuten lang ungeniert auf ein derart definiertes Sixpack gucken zu dürfen − in echt, nicht auf einem Plakat oder in einer Hochglanz-Zeitschrift – nimmt Frau schon mal ein wenig Muskelkater in Kauf. So zumindest die Argumentation von Gabi, als sie sich in den Kurs einschrieb. Ich ließ sie gewähren. Gabi ist seit dreiundzwanzig Jahren mit Uwe verheiratet. Uwe hat viele wunderbare Eigenschaften, aber ein Sixpack gehört nicht dazu. Gabis Mann ist eher der knuffige Typ, dem man beim Besuch im Hallenbad von körperbetonter Bademode abraten und weite Boxershorts ans Herz legen würde, mit elastischem Bund und viel Bauchfreiheit. Aber das ist nur eine hypothetische Aussage, denn das Ehepaar Sosnovski besucht meines Wissens niemals irgendwelche Bäder.

Ich persönlich kann so einem Waschbrettbauch nichts abgewinnen. Der Anblick von all diesen Buckeln auf der Bauchdecke irritiert mich eher, als dass er mich erfreut. Und praktisch betrachtet muss so ein Kerl doch furchtbar anstrengend sein. Das geht schon bei der Ernährung los. Um die Fettlosigkeit der Bauchbuckelstrecke sicherzustellen, dürfen vermutlich weder Pizza noch Pasta noch Pommes auf den Tisch. Gummibärchen und schokolierte Rosinen müsste man vermutlich auf dem Klo hinter der WC-Ente verstecken und beim Bieseln heimlich naschen, um die Gefühle des Athleten nicht zu verletzen. Außerdem stelle ich es mir schrecklich ungemütlich vor, mit so einem Berg aus stahlharter Muskelmasse ins Bett zu gehen. Das kann doch niemals kuschelig sein! Zum Anschmiegen ist ein nachgiebiges Waschbärbäuchlein einfach besser geeignet als so eine brettharte Buckelpiste. Aber das ist natürlich nur reine Spekulation. Nachdem ich in meinem Leben niemals praktische Erfahrungen mit durchtrainierten Unterwäsche-Models sammeln konnte, kann ich dies alles nur vermuten. Mein Michi hatte einen Bauch, auf den man seinen Kopf wunderbar betten konnte. Nicht wabbelig, aber nachgiebig. Der perfekte Kuschelbauch. Energisch schiebe ich diesen Gedanken zur Seite.

"Hat es sich denn wenigstens gelohnt?", will ich nun von Gabi wissen.

Diese richtet sich auf dem Barhocker ein wenig auf, streicht sich eine imaginäre Strähne ihrer grauen Pudellocken aus dem Gesicht und verkündet würdevoll: "Durchaus."




S. 25 - 27

Schneewittchen

"Papiii!" Toni taucht neben ihrem Papa auf und umschlingt seine Hüfte mit den Armen. "Erkennst du sie? Erkennst du sie? Ist es nicht der Wahnsinn, dass sie hier ist? Ich bin so aufgeregt!"

Tonis Papa guckt etwas ratlos. "Spätzchen, ja ... ich ... äh ..." Es ist ihm offenbar unfassbar peinlich, eine derart berühmte Persönlichkeit wie mich nicht zu erkennen.

"Papiiii!" Tonis Zöpfe zittern vor Aufregung. Sie nimmt meine Hand und verkündet feierlich: "Papi, das ist Schneewittchen. Ich habe sie sofort erkannt, an dem Zopf und dem käsigen Gesicht. Schau!" Sie deutet auf meinen Kopf. Unwillkürlich umfasse ich den dicken Zopf, mit dem ich mein langes schwarzes Haar zusammengefasst habe. Das Kind hält mich für eine Märchenprinzessin. Ich sollte mich wohl geschmeichelt fühlen. Immerhin hätte sie auch sagen können: "Das ist Ursula, die Meerhexe."

"Äh, weißt du ..." Wie reagiert man in so einer Situation pädagogisch wertvoll? Das Kind ist außer sich vor Freude über seine Entdeckung. Es hüpft von einem Bein aufs andere und blickt erwartungsvoll zwischen seinem Papa und mir hin und her. Darf ich dem Mädchen sagen, dass ich zwar dunkelhaarig und von eher blasser Hautfarbe sein mag, jedoch keine Bekanntschaft mit Zwergen pflege? Würde die Enttäuschung die zarte Kinderseele schädigen, sodass es später das Trauma in einem bequemen Ledersessel aufarbeiten muss, während ein älterer Herr mit Stirnglatze sich Notizen macht? Andererseits, wo kommen wir denn hin, wenn man einem Kind alles erzählt, was es hören will, nur weil es einen mit großen bernsteinfarbenen Augen – übrigens exakt die gleiche Farbe wie beim Vater – anstrahlt? Echt jetzt!

"Also, ich ... weißt du ... da hast du mich aber jetzt erwischt. Erzähl es bitte nicht weiter, okay? Wenn ich nicht daheim bin, in ... also im Wald ... dann nenne ich mich Doro. Magst du mich auch so nennen?"

"Doro", flüstert Toni sichtlich ergriffen. "Ja. Ja, das mach ich."

"Spätzchen, schau mal, heute gibt es Muffins mit Schokostückchen. Hol dir doch rasch einen, ehe sie weg sind." Tonis Papa deutet mit dem Rühreiteller in Richtung der Süßspeisenecke. Er hat meine Überforderung offenbar bemerkt.

"Oh! Ja, mach ich. Soll ich euch welche mitbringen?"

"Nein, danke", winke ich ab. Möglicherweise werde ich mir später auch noch einen schnappen. Aber ich bin erst beim deftigen Gang. Vor dem Muffin kommen noch die Wurst- und Käseplatte, das gebratene Gemüse, Spiegelei mit Speck, und die verschiedenen Marmeladen muss ich auch probieren. Wenn man es recht bedenkt, ist es erstaunlich, dass der Metallic-Rock bis gestern noch gepasst hat.

"Bitte entschuldigen Sie. Meine Tochter ist gerade in einer schlimmen Märchenphase." Tonis Papa lächelt schief und zuckt mit den Schultern. "Ich bin übrigens Cornelius Jablonski."

Da er immer noch den Rühreiteller und die Müslischüssel jongliert, verzichte ich darauf, ihm die Hand zu reichen, und nicke ihm nur freundlich zu.

"Dorothea Schweighofer. Das -hofer ohne ö. Daher weder verwandt, verschwägert noch verheiratet." Ich habe mir angewöhnt, der unweigerlichen Frage nach einer Verbindung mit dem Schauspieler zuvorzukommen. Die fehlenden Punkte über dem O halten viele für vernachlässigbar.

"Wie?" Cornelius Jablonski schaut mich ratlos an.

Das Gesicht des Mannes müsste man fotografieren. Wären wir in einem Comic, würde ihm eine Parade lustiger Fragezeichen um die Stirn tanzen. Es ist offensichtlich, dass er keine Ahnung hat, wovon ich rede. In welchem Erdloch hat dieser Mann in den letzten zwanzig Jahren gehaust?

"Nun, spielt keine Rolle. Ich halte Sie nicht länger auf, sonst wird Ihr Rührei kalt."

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Leseprobe "Nestschubser", viel Spass!

Sexgöttin mit Nilpferd-Schlüpfer

Schläfrig blinzelnd versuche ich die Augen zu öffnen. Eine bleischwere Müdigkeit lastet auf meinen Gliedern und macht ich bewegungsunfähig. In meinem Ohr säuselt eine verführerische Stimme: »Komm Evi, dreh dich nochmal um. Es ist noch zu früüh …« Ich versuche gar nicht erst, der unwiderstehlichen Verlockung des Weiterschlafens Widerstand zu leisten. Aber vorher wäre es ein gutes Gefühl, die frühe Uhrzeit durch einen raschen Blick auf den Wecker zu bestätigen. Es gelingt mir, die Augenlider einen winzigen Spalt hochzukurbeln. Ich wende den Kopf nach rechts, zu meinem Nachtkästchen, auf dem mein Froschwecker steht. Normalerweise. Heute lacht mir kein freundliches Froschgesicht entgegen. Keine langen, grünen Froscharme weisen mir die Stunde und die Minute. Stattdessen dringen mit grellem, rotem Licht die Ziffern einer Digitalanzeige gewaltsam durch den Spalt meiner Augenlider und versengen meine Netzhaut. Erschrocken klappe ich die Augen wieder zu. Die Anzeige hat sich in meine Netzhaut gebrannt. 10:30 Uhr. Das ist nicht früh.

Mein Gehirn fühlt sich an wie Vanillepudding. Das Begreifen watet knietief durch weiße, klebrige, wabblige Masse. Der Kampf gegen die zähe Pampe behindert seinen Auftritt erheblich. Doch auch wenn hier noch mit erheblicher Verzögerung zu rechnen ist, sickern bereits hauchdünne, silbrige Rinnsale der Erkenntnis in mein Bewusstsein: Irgendetwas stimmt hier nicht.

Mühsam öffne ich noch einmal die Augen. Wo ist mein Frosch? Und wer hat dieses augenlichtgefährdende Lasergeschoss an seinen Platz gestellt? Ich drehe den Kopf zur Terrassentür. Sie ist auch weg.

Mit weit ausgebreiteten Armen hüpft nun das Begreifen aus dem Pudding-Morast auf die Showbühne. »Du bist nicht zu Hause, Evi!«, brüllt es und grinst dabei ein hämisches Jack-Nicholson-Grinsen. Ich kann das Begreifen nicht leiden.

Doch es hat leider recht. In meinem Gehirn schrillt eine Sirene, und irgendwo dreht jemand den Regler für sämtliche Adrenalinpumpen auf »volle Leistung«. Ich richte mich ruckartig auf und sehe mich um. Braun-türkis gestreifte Bettwäsche statt orangefarbener Schmetterlinge auf weißem Grund. Teure Boxspringmatratzen statt meinem »Storsäng«-Bandscheibenfoltergerät. Das ist nicht mein Bett. So weit waren wir schon. Die Frage ist nur, wem gehört es? Und warum habe ich darin geschlafen? Panisch ziehe ich die Bettdecke hoch, um zu prüfen, was ich anhabe. Ob ich etwas anhabe. Ich trage ein dunkles, sehr verwaschenes T-Shirt. Der Aufdruck ist blass, aber erkennbar: ein ausgemergelter Zombie mit übergroßen Zähnen und irrem Blick. Darüber der kantige Schriftzug »Iron Maiden«. Oh, heiliger Mäusedreck! Das Begreifen feilt sich nur noch kurz die Nägel. Es will mir Gelegenheit geben, noch ein bisschen in meinem Elend zu schmoren, ehe es mir die Erkenntnis im zuckenden Scheinwerfergewitter ins Gesicht schleudert: Das ist Ludwigs T-Shirt. Sein Bett. Sein Schlafzimmer! Ich ziehe mir die Bettdecke wieder über den Kopf und lasse mich zurückfallen. Was habe ich getan?

Unter dem Schutz der Bettdecke kneife ich mir ein Nasenloch zu. Links einatmen, rechts ausatmen. Ich muss mich beruhigen. Ich muss nachdenken. In meinem Gehirn versuchen Erinnerungsfragmente sich aus dem zähen Pudding zu kämpfen. Links einatmen. Rechts ausatmen. Kommt schon, ihr schafft das!

Das Klappern von Geschirr dringt an mein Ohr. Ich halte vor Schreck beide Nasenlöcher zu. Das muss Ludwig sein. Natürlich. Ich liege allein hier in seinem Bett. Aber das muss nicht die ganze Nacht so gewesen sein. Das Begreifen beginnt schon wieder, sich aufzupumpen, doch ich halte ihm blitzschnell den Mund zu. Nein. Ich mache so etwas nicht. Ich mag so manchen liederlichen Wesenszug aufweisen, aber ich bin noch nie, niemals mit einem Kerl am ersten Abend ins Bett gegangen. Gut, man könnte einwenden, dass ich Ludwig nun wirklich schon länger als einen Abend kenne. Aber das gilt nicht. Ängstlich betaste ich meinen Hintern. Das Höschen ist, wo es hingehört. Sehr gut. Ich schließe leise wimmernd die Augen, als mir einfällt, dass ich gestern früh die lustige Nilpferd-Unterhose aus dem Wäscheschrank gezogen habe...

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Leseprobe "Wackeldackel", viel Spass!

S. 154

Der Ameisen-Marschbefehl

Während unsere Männer ihre Gliedmaßen auf geschnitzten Hockern verknoteten und mit geschlossenen Augen seltsame Liedlein sangen, bemühte Bärbel sich häufig, meinen Geist von der Knechtschaft der Konventionen zu befreien und mich hinzuführen zu der universellen Wahrheit. Sie servierte mir Yogi-Tee in entzückenden güldenen Tässchen und gab sich wirklich Mühe, mir allerlei Lehren zu vermitteln und Weisheiten zu predigen, aber der Funke wollte einfach nicht überspringen. Ich trank brav den Tee, nickte aufmerksam, machte an den richtigen Stellen "hmhm" und sehnte mich nach starkem, schwarzem Kaffee. Während Theodor sich begeistert die Krawatte vom Hals riss und das spirituelle Licht mit weit geöffneten Armen empfing, guckte ich von der Seitenlinie aus zu und schüttelte den Kopf über meinen räucherstäbchenschwingenden, klangschalenklopfenden Ehemann. Mein innerer Buddha, der zwar grundsätzlich sicher nichts gegen Räuberstäbchen und Klangschalen einzuwenden hat, aber nun mal mein Buddha ist, zog sich eine Papiertüte über den Kopf und tat, als wäre er nicht da.

An einem Abend klärte mich Bärbel darüber auf, wie wichtig es ist, sein Krafttier zu finden. Bärbel hatte gründlich meditiert und herausgefunden, dass ich von einem Kojoten begleitet werde. Mir kam sofort dieser nervige Cartoon-Kojote mit der langen Schnauze in den Sinn, der dauernd gegen Laternen läuft, von irgendwelchen Felsblöcken begraben und in die Luft gesprengt wird. Bärbel versicherte mir, der Kojote wäre eine überaus interessante Mischung aus Wolf und Fuchs: ebenso intelligent wie verspielt. Anpassungsfähige Allesfresser mit schlankem Körperbau und großen Ohren. Bis auf den Körperbau kommt alles hin, haha. Nun, ich finde die Vorstellung seltsam, von einem unsichtbaren Kojoten umschlichen zu werden, auch wenn er mir als "Beschützer und Berater" zur Seite steht. Irgendwie wäre mir ein Wellensittich lieber gewesen. Als mir Bärbel allerdings stolz berichtete, ihr Krafttier wäre der Elefant – ein heiliges Tier in der Mythologie, Sinnbild für Weisheit – war ich wieder zufrieden. Ich meine, als Schamanismusgläubiger muss man ja davon ausgehen, dass der vierbeinige Begleiter einen stets umgibt, nicht wahr? Mit einem Elefanten stelle ich es mir schwierig vor, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Auch im Kino oder im Supermarkt ist so ein großkalibriger Begleiter wahrscheinlich hinderlich. Da lobe ich mir meinen Kojoten, der kann sich jederzeit platzsparend im Fußraum zusammenrollen, und man kann ihn zwischendurch auch mal hinter den großen Ohren kraulen.

Auch bei Bärbels Vortrag über Kraftorte habe ich mir, wenn ich ehrlich bin, wie schon so oft zuvor heimlich an die Stirn getippt. Orte mit magischer Ausstrahlung, spürbarer Energie oder auch Plätze, die Entspannung schenken, erklärte sie mir. Meine Couch in Verbindung mit einem Glas Wein, ein wenig Schokolade und Netflix wollte Bärbel aber nicht gelten lassen. Nun, ich denke, ich habe meinen Kraftort gefunden. Während ich auf meinem Balkon sitze und in die Dunkelheit blicke, spüre ich einen nie gekannten Frieden. Auf dem kleinen Holztischchen neben mir flackert eine Kerze, die den Rotwein in meinem Glas golden schimmern lässt. Die Frühlingsnacht ist noch ein wenig kühl, darum kuschle ich mich in meine Lieblingsweste im wolligen Schaf-Design. Constanze hat sehr gelacht, als sie dieses, zugegeben unrepräsentative Stück meiner Garderobe erstmalig zu Gesicht bekam. Ich weiß, dass ich mit dem Wollteil keinen Staat machen kann - außer vielleicht, wenn ich mir dazu ein Kopftuch umbinde und mich mit ein paar Kohlköpfen und Speisekartoffeln auf den Wochenmarkt stelle - aber sie ist nun mal unvergleichlich weich und warm und wohlfühlig. Penelope liebt sie genauso wie ich, kuschelt sich stets mit offensichtlicher Wonne in meine flauschigen Arme und beginnt in der Lautstärke eines mittelgroßen Hubschraubers zu schnurren. Auch jetzt liegt sie auf meinem Schoß und nuckelt schläfrig an den Wollfransen. Es fühlt sich an, als würden die Rädchen in meinem Gehirn nach und nach ihr Tempo verringern und schließlich nur noch gemütlich dahintuckern. Das leise Plätschern des Flusses ist das einzige Geräusch. Ich schicke einen stummen Gruß über den Ozean zu meiner Freundin, die unermüdlich versucht hat, meinen starren Geist von seinen weltlichen Ketten zu befreien. Sie wird ihn sicher in irgendeiner Weise empfangen.